Was der Redaktor und stellvertretender Chefredaktor der Neuen LZ zu „bürgerlich“ schreibt ist eine ahistorische Schilderung. Zum feudalistischen Ständestaat nimmt er keinen Bezug. „Bürger“ leitet er nicht vom Ständestaat (Adel, Priester, Bürgertum und Proletariat) ab. Der dritte Stand als Gesellschaftsschicht existiert bei ihm nicht, eben ahistorisch. Sein selektiver Gebrauch zur Bezeichnung heutiger Parteien ist falsch und greift zu kurz. Leider ist dies, wie er schreibt, das Credo bei der Neuen LZ. Die Redaktion benutzt den Begriff „für die Vertreter von der Mitte bis rechts.“ Das heisst, der Begriff benutzt die Redaktion zur Abgrenzung gegen „linke“ Parteien und zur Abgrenzung sozial-grüner Politik.
Die parteipolitische Zuordnung an die CVP, FDP und SVP ist gewagt. Unternehmer – und deren sitzen einige in diesen Parteien - sind keine klassischen Vertreter der Bürger oder der einfachen Mittelschicht, eher der Bourgeoisie, also eine obere Gesellschaftsschicht. Und der rechte Rand hat keinen Bezug mehr zu den klassischen Menschenrechten, die die „Bürger“ erkämpften.
Martinu verknüpft mit dem Begriff nebst der simplen Parteizuordnung auch durchwegs positive Eigenschaften wie etabliert, gutbürgerlich, ordentlich und solide, die er aus dem Duden auswählte. Warum die Politik der Eigenverantwortung als bürgerlich gilt, ist mehr ein Wunschdenken Martinus, gilt sie bei der Bankenrettung keineswegs, sondern nur zur Absicherung von Privilegien. Negative Ausdrücke aus dem Duden wie verbürgerlicht, Spiessbürger, konservativ und Establishment liess er einfach weg.
Martinu erklärt uns eigentlich nichts anderes als das, wie die Redaktion denkt und wie sie den Begriff benutzt, jedoch nicht woher er stammt und was er bedeutet.