Um Luzern noch sicherer zu machen, sollen ausgewählte Strassen und Plätzen der Stadt künftig mit Videokameras überwacht werden. An seiner Sitzung vom kommenden Donnerstag will der Grosse Stadtrat die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen. Zwar vermochte der Sicherheitsbericht, den die Stadt letztes Jahr beim Zürcher Ingenieurbüro Basler & Partner bestellt hatte, keinerlei akute Sicherheitsrisiken aufzuzeigen. Ausser dem ungesetzlichen Deponieren von Müll, dem öffentlichen Urinieren und den gelegentlichen Pöbeleien besoffener Jugendlicher vermochten die Sicherheitsexperten keine weiter reichenden Risiken auszumachen. Dennoch soll die Stadt jetzt mit Videokameras sicherheitstechnisch aufgerüstet werden.
Neu ist das nicht. Schon heute werden wir fast an jeder Ecke von Ueberwachungskameras erfasst und verfolgt. Die Möglichkeiten sind damit aber noch längst nicht ausgereizt: Im Sinne eines sich selbst kontrollierenden Systems wird neuerdings die überwachte Bevölkerung selbst zu Spitzeldiensten herangezogen. Ein in Polizeikreisen weit herum gelobtes Beispiel bieten etwa die beiden Londoner Stadtteile Shoreditch und Hackney, beides so genannte Problemgebiete mit vielen ImmigrantInnen und Randständigen. Seit 2006 werden dort die Bilder der automatischen Ueberwachungskameras direkt über das lokale TV-Kabelnetz verbreitet. Ueber 60`000 EinwohnerInnen sind bereits an das Ueberwachungsnetz angeschlossen und können vom heimischen Sofa aus rund um die Uhr auf Streife gehen. Verdächtige Beobachtungen können dabei sofort und anonym per E-Mail der Polizei gemeldet werden.
„Digital Bridge“, wie das Ueberwachungsfernsehen genannt wird, stellt mit Einschaltquoten von mehr als 40 Prozent selbst die beliebtesten TV-Seifenopern in den Schatten. Ob nun ein neues Graffiti angebracht wird, sich unerwünschte Personen versammeln, oder wenn ein Hundebesitzer die Hinterlassenschaft seines Vierbeiners nicht ordnungsgemäss entsorgt - dem wachsamen Blick der Nachbarschaft bleibt nichts mehr verborgen.
Von so einem System der Bürger-Selbstüberwachung ist in Luzern zwar noch nicht die Rede. Mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Kameraüberwachung öffnet die Stadt Luzern aber Tür und Tor zu einer umfassenden Ueberwachung ihrer EinwohnerInnen. Datenschutzrechtliche Aspekte werden dabei kaum in Erwäögung gezogen. Nach Meinung des Bündnisses „Luzern für Alle“ – das sich bereits gegen den so genannten „Wegweisungsartikel“ im Polizeigesetz wehrt – wäre das ein massiver und unverhältnismässiger Eingriff in die Grundrechte der BürgerInnen. Das Bündnis will deshalb das Referendum gegen das vorgesehene Video-Reglement ergreifen. Dafür müssen bis Ende März 800 Unterschriften gesammelt werden.